Seit dem Beginn seines Wahlkampfes steht Donald Trump für eine erhebliche Polarisierung nicht nur der US-Amerikanischen Bevölkerung: Für die einen ist er ein Heilsbringer, der endlich die Grenzen moralischer Tabus überschreitet und breitschultrig (s)einen Standpunkt vertritt. Die anderen sehen in ihm die Personifikation des populistischen Reaktionärs, der die Demokratie und Weltordnung gefährdet. Unstrittig ist weithin, dass die Handlungen des Präsidenten der USA bisweilen impulsiv und wenig überlegt erfolgen. Was der eine als Stärke, der andere als Schwäche sieht. Das außenpolitische Gewicht der Vereinigten Staaten verleiht der Bewertung der Entscheidungsfindung Trumps eine besondere Sichtbarkeit.
Hier boten die jüngsten Ereignisse zwei sehr gegensätzliche Effekte von Trumps außenpolitischen Verhandlungspositionen, die sich vor allem durch ungewöhnliche Härte in der Wortwahl im Vergleich zu seinen Amtsvorgängern auszeichnen. Ob und inwiefern die bisweilen infantil anmutenden Androhungen von Nuklearschlägen gegen Nordkorea den Friedensprozess auf der koreanischen Halbinsel beeinflussten und ob es nicht eher der gerissene Geduldsfaden Chinas war, der eine zentrale Rolle spielte, wird sich wohl nicht abschließend aufklären lassen. Die Lorbeeren für das Ergebnis scheinen Trump dennoch sicher.
Der Vorschlag seiner Person zur Verleihung des Friedensnobelpreises erhält allerdings einen mehr als unangenehmen Beigeschmack, wenn man der naheliegenden Annahme folgt, dass die jüngste Eskalation zwischen Israel und dem Iran auch in der einseitigen Aufkündigung des Atomdeals durch die USA begründet ist. So nachvollziehbar es aus Sicht derer scheint, die alle Amtshandlungen Barack Obamas rückgängig gemacht wissen wollen oder auf einen ausbrechenden Konflikt im nahen Osten hofften – hier deutet sich ein ganz elementares Problem in der internationalen Zusammenarbeit an: Verträge zwischen Staaten benötigen ein Mindestmaß an Verlässlichkeit, sie sind keine beliebige Dispositionsmasse. Insbesondere in so heiklen Fragen wie der möglichen nuklearen Bewaffnung des Iran.
Anders als in Korea hat Trumps Impulsivität nun nicht Frieden, sondern Raketen und Tote heraufbeschworen. Es ist die fehlende Vernunft, die nicht nur ihm, sondern auch anderen ideologisch agierenden Hardlinern abgeht. Zumal die Ideologie Trumps nicht einer politischen Haltung, sondern einzig seiner eigenen Sprunghaftigkeit folgt. Es zeigt, wie gefährlich es ist, Menschen mit einer selbstbezüglichen Cowboy-Mentalität Macht zu geben. Das Ringen um einen demokratischen Konsens ist mühsam, auf internationaler Ebene umso mehr. Doch nur damit schaffen wir langfristig eine gegenseitige Vertrauensbasis. Wie üblich ist die Lage im nahen Osten mehr als komplex und die verschiedenen Interessen weiterhin scheinbar unvereinbar. Mit Sicherheit aber kann eine weitere Eskalation der Gewalt nicht im Interesse der Menschen vor Ort sein, auch wenn dies manch nüchtern-kalter Kommentar suggeriert, der vom gemütlichen Schreibtisch aus der EU militärische Tatenlosigkeit vorwirft. Es ist ein nuklear bewaffneter Iran um jeden Preis zu vermeiden. Und gleichzeitig haben wir oft genug lernen können, dass eine militärische Intervention kein einziges Problem löst. Eine so mühsam ausgehandelte und filigrane Einigung, die das iranische Atomprogramm beendet und gleichzeitig die internationale Isolation auch für die dortige Bevölkerung beendet, gilt es deshalb dringend zu erhalten. Wenn die USA unter Trump die Abkehr von Vernunft und Frieden demonstrieren, so sollte Europa hier umso mehr mit Integrität und Verlässlichkeit gegenhalten.