Unter dem Motto “Leben ohne Hass” fand in in Cottbus eine Gegendemonstration zu der Veranstaltung der „Zukunft Heimat e.V.“ statt. Die Eindrücke anhand eines Videos lassen allerdings Befremden aufkommen. Ein Plakat bezeichnet Alexander Gauland als “Nazi-Opa” und fordert ihn auf, sich zu “verpissen”. Über die ideologische Nähe eines nicht geringen Teils der AfD zu den Nationalsozialisten muss man nicht streiten. Herr Gauland hat in der Vergangenheit nicht erkennen lassen, dass er willens wäre, diese Umtriebe zu unterbinden. Ihn deshalb derartig zu verunglimpfen zeigt allerdings eine sehr unangenehme Parallele auf:
Ähnlich zugespitzte Titulierungen kennt man sonst von den unsäglichen Pegida-Veranstaltungen, bei denen Politiker aufs Übelste beschimpft und verleumdet wurden. Dies sind wüste Entgleisungen, die Respekt und Anstand einer beinahe animalischen Rohheit opfern. Verbale oder bildhafte Aggression als infantiles Ventil für Frust und Zorn. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich bin dankbar für jeden Meter, der zwischen mir und Herrn Gauland liegt. Ich halte ihn für einen unmoralischen Menschen, der Positionen in Schutz nimmt oder gar propagiert, die ich aus meiner persönlichen Überzeugung heraus zutiefst verachte. Trotzdem käme es mir nicht in den Sinn, ihn aufzufordern, sich zu “verpissen”. Ist sowas eigentlich schon Hass? Wenn Unflätigkeiten gegen Politiker montags in Dresden es sind, dann müssen sie dies auch an einem Samstag in Cottbus sein.
Auch muss man sich die Frage gefallen lassen, wie sich jemand ohne Hass zu dem Sprechchor “Feuer und Flamme den Abschiebe-Behörden” versteigt. In diesen Behörden arbeiten Menschen. Was unterscheidet das Anzünden einer Asylunterkunft von der Brandstiftung in einer Behörde? Nur die Gruppe derer, denen durch die Willkür radikaler Agitatoren das Recht auf körperliche Unversehrtheit abgesprochen wird. Wer solche Leute in der eigenen Demo toleriert, kann für das edelste Anliegen antreten und hat doch schon verloren. Insbesondere da, wo solche Auftritte die gesamte Prämisse der Veranstaltung ad absurdum führen. Mit Hass für ein Leben ohne Hass? Toller Spruch.
Dass diese Art der Positionierung gegen Rechts ein klares Eigentor ist, zeigen die entsprechenden Kommentare zu den Vorgängen. Es ist ein gefundenes Fressen für die organisierten Kommentatoren aus dem Dunstkreise derer, gegen die sich die Demo eigentlich richtete. Die sich sofort auf die reiche Beute stürzen und das eigentlich richtige Anliegen (ein Leben ohne Hass wäre wünschenswert) in der Luft zerpflücken. Leider zu Recht. Denn wie so oft mangelt es bei denjenigen, die etwas besser machen wollten, vor allem an einem: Haltung. Damit hätte man nämlich plakatierte Diffamierungen und schwarz-gewandte Pyromanen-Chöre von der Demo ausgeschlossen. So bleibt der Eindruck, dass es vor allem um ein Leben ohne Hass von Rechts ging, bei dem man nicht abgeneigt war, im Zweifel den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben.